Die Sache der Saar – Riesling Rotschiefer 2012

Die Sache der Saar
VON MANFRD KLIMEK

Tralala, ich hab mein Kabinettchen des Jahres gefunden. Es kommt von dem Mann, dessen Name so lang ist, wie er hoch. Oder groß. Oder eh lang. Jetzt fehlen nur noch Zimmer und Küche. Dazu später …

Ich war bei Roman Niewdnddschnsnschky. Das ist der Mann, dem das Weingut Van-Volxem gehört und dessen Nachname so lang ist, wie er groß ist. Oder so lang, wie er lang ist. Denn der Große, das ist „der Lange“. Umgangssprachlich. Ich schreibe seinen Namen sicher wieder falsch. Dann besser gleich am Anfang.

Niewodniczanski hat – unschwer zu erkenen – polnische Wurzeln. Nach seinem Großvater Henrik hat man in Polen ein Atomforschungsinstitut benannt, weil dieser der berühmteste Unranzerdepperer Polens war. Das war in der Zeit von Gomulka (gugeln) und damals war Polen innerhalb der planwirtschaftlichen Warschauer Pakt Staaten eine der erfolgreichsten Volkswirtschaften. Wer in dieser Ära genau hingesehen hat, der wusste, dass die Polen nach Ende des Experiments, das fälschlicherweise den Namen Sozialismus trug, schnell mit der Marktwirtschaft zurecht kommen würden. Im Gegensatz zu den Ostdeutschen. Und trotz der Harald-Schmidt-Polenwitze im Unterschichtenfernsehen.

Roman Niewodniczanskis Familie gehören die Bitburger-Brauerei und die Geroldsteiner Mineralwasserquellen. Er hat sich dort ausgeklinkt. Nicht zur Gänze, aber aus den Details. Stattdessen hat Niewodniczanski im Jahr 2000 das Saar-Weingut Van-Volxem gekauft, wiederbelebt und mit Kraft und Idee vergrößert. Van Volxem ist seine Heimat. Dort lebt und arbeitet er. Seine Van-Volxem Weine gehören inzwischen wieder zu den besten Rieslingen Deutschlands und Niewodniczanski kommt jedes Jahr seinem Ziel näher, die Saar mit der Mosel gleichziehen zu lassen. Wie es früher schon war. Wie es früher anders war, denn früher standen die Saarweine im Image vor den Moselweinen.

Niewodniczanski hat viele Spleens. Und er redet so schnell, wie sonst nur das irre Genie Peter Weibel, der Kultphilosoph Slavoj Zizek und ich. Manchmal überholt er zuerst Weibel, dann Zizek, dann mich und schließlich sich selbst. Dann wird es schwierig, seinen Ideen zu folgen. Manchmal wartet er.

Der Trompeter

Eine seiner Eigenheiten ist das Wühlen in Archiven. Dort hat er Katasterverzeichnisse und Getränkekarten gefunden, die ihm Beweis für die Einzigartigkeit der Saarlagen und für den ehemals grandiosen Ruf der Saarweine sind. In den alten Aufzeichnungen steht viel von fruchtigen, frischen, alkoholarmen, bekömmlichen, delikaten und eleganten Saarweinen. Solche will Niedwodniczanski keltern, solche macht er und solchen will er einen einzigartigen Ruf verschaffen und diesen Ruf dann in die Welt hinausposaunen, denn Niewodniczanski ist ein selbstbewusster Trompeter und er hat ein paar weitere Mitspieler in diesem kleinen Orchester großer Weingüter, die zu ihren Instrumenten greifen und einen gemeinsamen Sound erkennen lassen. Etwa den derzeitigen Parker-Superstar Markus Molitor. Oder Günther Jauch, der sich wohl bald mehr noch seinem einzigartigen Weingut von Othegraven widmen wird, wo er mit seiner Frau Dorothea Sihler und dem Weltmeister der Spontanvergärung, dem Önologen Andreas Barth, die einzig akzeptable Troika der Welt bildet. Mit dabei im „Sound der Saar“ auch von Hövel, Forstmeister Geltz-Zilliken (mein italienischer Lieblingswirt in Rossignano, ein ausgewiesener Rieslingfanatiker, sagt immer „Forezzamasta“ Geltz Zilliken – klingt viel bedeutender) und der St. Urbanshof vom Ökonomierat Nic (no Nicname) Weihs.

Roman Niewodniczanski hat mir von einem Projekt erzählt, das in ein paar Tagen einer weiteren Besprechung bedarf. Gut möglich, dass es das Image der Saarweine nachhaltig verändert. Und das Image des deutschen Weins zusätzlich hebt.

Doch Niewodniczanskis generelles Konzept, das er nun seit Jahren zuerst mit Gernot Kollmann (heute bei Immich-Batterieberg) und jetzt mit Dominik Völk verwirklicht, findet sich eben auch – und das fantastisch – in einem seiner „kleinsten“ Weine wieder, dem Riesling Rotschiefer 2014, der lediglich knapp über zehn Euro kostet. Ein „Kabinettchen“, wie man sich es vorstellt und eben nicht vorstellt, denn 2014 war ein anfänglich gutes Jahr mit einem kalten regnerischen Sommer. Also kein Arschjahr wie 2010, in dem viele einfache Weine einfach nicht gelingen wollten, weil sie nicht gelingen konnten, weil Zucker und Säure viel zu selten ins Gleichgewicht kamen. Nein, 2014 ist ein Ausnahmejahr, das letztlich weniger schlecht gelaufen ist, als lange zu befürchten war. Der 2014 Rotschiefer hat folglich etwas mehr Säure und etwas weniger Zucker, als für einen feinherben Wein üblich. Aber genau genommen trifft das Wort feinherb den Wein sehr gut. Perfekt sogar.

Populismus? Ist doch gut!

In der Nase Limette, dann rosa Grapefruit, etwas Stachelbeere, etwas Pfirsich auch, aber letztlich total und ohne nachzulassen den Zitrustönen verschrieben. Mit ein paar exotischen Früchten hintennach. Im Mund nur frisch, nur spritzig, nur Sommer, nur Spaß, nur lecker. Einer der vergnüglichsten deutschen Weine der letzten Jahre, gekeltert von einem Team, das aufwändige, durchdachte und geschmacksreiche Weine macht, ohne den Konsumenten anstrengen zu wollen. Der Satz mag eventuell falsch verstanden werden, doch Roman Niewodniczanski ist der Markus Schneider des Saar-Rieslings, die Idee, der populistische Zugang zum Wein ist jenen Schneiders sehr ähnlich. Der Unterschied ist, dass Niewodniczanski ein ganzes Weingut wiedererrichtet hat und damit an eine Zeit erinnern will, als ein Glas Saar-Riesling mehr gekostet hat, als ein Glas Chateau Lafite. Kaum zu glauben, aber das war der Stellenwert deutscher Rieslinge.

In diesem Licht muss es erlaubt sein, zu sagen, dass deutsche Weine im Gesamten, und dieser Rotschiefer im Speziellen, zu billig sind. Das kann und wird nicht so bleiben, denn Qualität muss einen Preis haben. Sonst setzt sie sich nicht durch. Sonst müssen die Winzer zur Masse zurückkehren, deren Ideologie, Verarbeitung und Verinnerlichung sie schon im Gestern wähnen. Kann sein, dass nicht.

Van Volxem Rotschiefer 2014 gibt es für € 10,90 hier. Wir geben 7,5 von 10 Punkten. In der Kategorie Kabinettweine.

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